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Wenn Arnd Erbel von Lebkuchen spricht, fallen Worte wie „Fastfood der Weihnachtszeit“ oder „Mainstream für den Gaumen“. Und ja, man kann ihn verstehen, nicht nur weil er Biobäcker ist und so etwas vielleicht sagen muss. Wer die Verpackungen durchschnittlicher Lebkuchen im Supermarkt ansieht, liest dort von Zutaten wie Hühnertrockeneiweiß, Feuchthaltemittel und Glucose-Fructose-Sirup, Dinge also, die man für sich genommen nie essen würde, Dinge, die mehr nach Chemie als nach Lebensmitteln klingen. Dazu die typischen Lebkuchengewürze wie Zimt und Anis, die Erbel mit Radiomusik vergleicht: durchschnittlich und langweilig.
Die Elisen-Lebkuchen von Arnd Erbel, Andree Köthe und Yves Ollech sind völlig anders. Ein zaghafter Biss, ein Überraschungsmoment, und man schmeckt kandierte Oliven und Aprikosen, frische Kaffirlimette und Lorbeer, Curry, Chili und Safran – ungewöhnliche Kreationen, die den Gaumen herausfordern.
Zwei Nürnberger Sterneköche und ein Biobäcker
Andree Köthe und Yves Ollech führen das Nürnberger Zwei-Sterne-Restaurant „Essigbrätlein“; für ihre Aromenküche wurden sie vom Gault Millau zu Köchen des Jahres 2012 gekürt. Mit Erbel, der eine der ältesten deutschen Bäckereien im mittelfränkischen Dachsbach besitzt, haben sie sich zu den „Tres Aromas“ zusammengeschlossen – den drei Aromen. Für ihre Lebkuchen verschmelzen sie die Sterneküche mit dem Weihnachtsklassiker, der von Nürnberg aus alljährlich um die Welt geht. Dabei verwenden die drei nur hochwertige Produkte, um, wie sie sagen, den Menschen das Schmecken wieder beizubringen.
Rund fünf Jahre ist es her, dass Köthe, Ollech und Erbel ihren ersten exotischen Lebkuchen entwickelt haben. Die Vorbereitungen und damit auch die Geschmackstests mussten im Hochsommer stattfinden, „das war nicht gerade erquicklich“, erzählt Arnd Erbel, „ziemlich anstrengend“, sagt Yves Ollech. Es dauerte, die richtige Textur zu finden, den passenden Süßegrad und die Gewürzkompositionen, die mit der traditionellen Lebkuchenmasse harmonieren. Während Köche ihre Gerichte vor allem so zubereiten, dass sie auf den Punkt gegart sind, frisch schmecken und ebenso aussehen, müssen Konditoren wie Erbel auf mehr achten – zum Beispiel darauf, dass ein Lebkuchen auch haltbar ist. „Man kann die Zuckermenge nicht unendlich reduzieren, wenn man keine Konservierungsstoffe verwenden will“, sagt Erbel. Gebacken und verkauft werden die Lebkuchen nur von Ende Oktober bis Ende Dezember. Während Großproduzenten täglich mehrere Millionen Stück herstellen, sind es beim fränkischen Handwerksbäcker maximal einige hundert pro Tag.
Ein gewagtes Experiment mit Aromen wie Farben und Jahreszeiten
Fünf „Leib & Lebkuchen“-Sorten gibt es inzwischen. „Wir sind bewusst auch in die Extreme gegangen“, sagt Yves Ollech, beim einen mehr, beim anderen weniger. Für die Hauptvarianten hat das Trio alle klassischen Lebkuchengewürze gestrichen und sich stattdessen an Farben und Jahreszeiten orientiert. „Verde“, die grüne Variante, beinhaltet frische Kräuter, die das Frühjahr symbolisieren. Der gelbe „Oriental“-Lebkuchen mit Curry soll einen sommerlichen Bummel über den Basar widerspiegeln; die Sorte „Olive“ die Überreife des Herbstes.
Die Variationen sind ein gewagtes kulinarisches Erlebnis, eines, an dem sich in der von Traditionen geprägten Weihnachtszeit die Geister scheiden dürften. Erbel, Ollech und Köthe wissen, dass ihre Lebkuchen ein Nischenprodukt sind (nicht zuletzt wegen ihres Preises); eine Art ambitioniertes Hobby, das die Männer neben ihren Hauptberufen pflegen. 6,90 Euro kostet ein Exemplar der jeweils rund 130 Gramm schweren Elisen-Lebkuchen. Alleine deshalb sollte man ihn wie eine Praline nur in kleinen Stückchen essen, um die untypischen Aromen herauszuschmecken: den Thymian und den Ingwer, das Chili und das Meersalz. Hühnertrockeneiweiß und Glucose-Fructose-Sirup, soviel ist sicher, werden nicht dabei sein.
Die Lebkuchen kann man im Internet unter www.tresaromas.de bestellen. Meine Bewertungen der fünf „Leib&Lebkuchen“ könnt ihr hier nachlesen.
Interessant.
Das mit den Lebkuchen von „Tres Aromas“ wusste ich noch gar nicht.
Dabei wohne ich in der Stadt…
Mit leckerem Gruß, Peter
Wie toll, dann habe ich jetzt sogar einen Nürnberger mit meinem Beitrag überraschen können :-). Die Lebkuchen sind wirklich interessant – und ich finde den Ansatz einfach toll. Viele Grüße!