Es ist richtig, richtig heiß draußen – ein perfekter Zeitpunkt also, um über Christstollen zu schreiben. Bevor jetzt jemand befürchtet, die Hitze ist mir zu Kopf gestiegen, kurz eine Erklärung: Momentan habe nicht einmal ich große Lust, am warmen Herd zu stehen und an neuen Kuchen herumzutüfteln. Deswegen möchte ich heute zwei Rezepte vorstellen, die nicht unbedingt zum sofortigen Nachbacken animieren sollen, sondern einfach schön zu lesen sind, wie ich finde: Richtig alte Rezepte mit Formulierungen, Mengenangaben und Zutaten, die – vorsichtig formuliert – nicht gerade up to date sind. Und überliefert sind nunmal vor allem üppigere Plätzchen- und Kuchenrezepte, keine luftig-leichte Sommertörtchen.
In meiner Rezension des Buchs „Die Schätze aus Omas Backbuch“ von Rosenmehl hatte ich ja schon geschrieben, dass ich an alten Backbüchern und Rezept-Zettelchen gerade das vergilbte Papier mag, die leicht verwaschenen Buchstaben, Risse und Knicke. Neben Cake Pops und Co (die mich jüngst fast zur Weißglut gebracht haben) sind alte Rezepte ein richtiger Schatz, der hoffentlich nicht vergessen wird. Im Gegensatz zu den Rezepten aus „Die Schätze aus Omas Backbuch“, die meines Erachtens nur aus den Jahrzehnten nach dem Krieg stammen, habe ich mich mal auf die Suche nach urigen, uralten Rezepten gemacht – solchen also aus meiner Uroma- oder Ururoma-Generation. Gar nicht so einfach, wie sich herausgestellt hat. Meine Oma zum Beispiel hat zwar noch viele Rezepte ihrer Mutter, diese aber meistens abgeschrieben und zwar mit ihren eigenen Worten – sprich moderneren Formulierungen und Mengenangaben. Zwei hübsche historische Rezepte kann ich heute trotzdem schonmal vorstellen; falls jemand von euch ähnliche hat, schreibt mir doch ;-).
Im 19. Jahrhundert hat man seinen Kuchen noch geworfen
Das erste Rezept stammt vom Ur-Urgroßvater meiner Schwiegermutter, einem Herrn Krause, der ab 1850 Bäckermeister im Vogtland war. Es handelt sich um einen „Theekuchen“, und der geht so: Es wird 1/2 Pfund Butter zu Schaum gerührt, und wenn dieser schön leicht ist, 1 Pfund Zucker und 4 Eier zugeben, etwas Zimt und ein wenig Hirschhornsalz, nebst 1 Pfund Mehl und ½, wird auf dem Backtisch leicht mit den Händen angewirkt. Nun lässt man diese Masse einigermaßen ruhen, dann werden endlich kleine Kügelchen ausgestochen, mit Eigelb bestrichen und in Hagelzucker geworfen und bei ziemlicher Hitze schnell gebacken.
Ähmja, verstanden? Ich nicht so ganz :-). Leider gibt es natürlich kein Rezeptfoto von damals. Aber alleine bei der Sprache muss ich schon grinsen…
Und dann hätte ich noch ein ebenfalls putzig formuliertes Rezept für Christstollen von der Mutter meiner Oma, also meiner Uroma. Sie stammt aus Franken, das Stollenrezept ist von Anfang des 20. Jahrhunderts oder älter. Man achte auf die Zutaten-Massen!
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Anfang des 20. Jahrhunderts musste der Stollenteig noch tüchtig sein
Man wiege 20 Pfund Mehl, die Hälfte davon wird mit 4,5 Liter lauwarmer Milch und mit 500 Gramm guter Hefe, die man zuvor mit etwas Zucker und lauwarmer Milch verrührt hat, zu einem Dämpfchen angerührt, welches man an einem warmen Ort aufgehen lässt. Unterdessen rührt man 4,5 Pfund Rindsschmalz und Butter recht schaumig, gibt 18 bis 20 große Eier und 5 Pfund Zucker dazu. Ist der Teig gut aufgegangen, so gibt man die gerührte Butter dazu und salzt ihn gut. Die Schalen von 5 Zitronen, Arrak und das übrige Mehl hinzu. Nun wird der Teig tüchtig mit der Hand geknetet. Er muss so fest wie ein Brotteig sein. Meistens reicht das Mehl nicht ganz, man kann noch zugeben. Dann gibt man 1 Pfund süße Mandeln gehackt, 6 Kaffeelöffel Muskat, 1 Viertel Pfund bittere Mandeln gehackt, 3 bis 5,4 Pfund Sultaninen, 1,5 Pfund Zitronat und Pomeranzenschale hinzu. Tüchtig aufgehen lassen, zu Christstollen formen und auf ein vorbereitetes Blech geben. Nochmals aufgehen lassen und nach dem Backen sogleich mit Schmalz bestreichen und Puderzucker bestreuen. Reicht für 10 große Stollen.
P.S.: Bin ich eigentlich die einzige, der solche alten Kuchenrezepte gut gefallen?
Liebe Kathrin,
auch ich bin ein riesen Fan von alten Rezepten. Meine Oma (leider schon lange tot ) hat mir immer zu meinem Geburtstag einen Hirschhornkuchen gebacken, bin mir aber ziemlich sicher das er nicht so heißt, sie ihn nur so genannt hat wegen der Msp. Hirschhornsalz.
Ich bin schon soviele Jahre auf der Suche nach diesem Rezept, es ist ein vonHandgerührter Rührteig (sondt läuft er vom Blech, pflegte meine Oma immer zu sagen) oben drauf kamen immer bunte Streusel.
Ich sehe diesen sooo leckeren und doch auch einfachen Blechkuchen vor mir, nur leider kann ich niemanden mehr fragen.
Vielleicht hast du aj eine Idee oder sogar ein Rezept.
LG Petra
Liebe Petra,
unglaublich, wie sehr sich solche Rezepte ins Gedächtnis einbrennen können…
Leider habe ich keine Ahnung, was das für ein Kuchen gewesen sein könnte. Dazu müsste ich mehr Details wissen.
Viele Grüße, Kathrin
Liebe Kathrin,
vielen lieben Dank für deine Antwort.
Die Zutaten ( keine Garantie ist ja auch schon 40 Jahre her )
Eier, Zucker, Butter, Milch, Msp. Hirschhornsalz, Mehl soviel der Teig annimmt, dieser muss schwer vom Löffel reißen.
Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.
Ich würde mich riesig freuen diesen einfachen Kuch wieder zu essen.
Alles liebe für dich
LG Petra
Hallo Petra,
die Zutaten lassen auf einen ganze normalen Rührteigkuchen schließen. Mehr fällt mir dazu leider auch nicht ein 🙁
Hallo Petra
Hier habe ich ein altes Rezept von meiner Oma
Hirschhornkuchen
250 g Sonja
250 g Zucker
1 Tasse Wasser
1 geh. TL Hirschhornsalz
Mehl was annimmt ca. 400 g
Hälfte Teig weiß, anderer Teil 3 EL Kakao und noch etwas Wasser.
Genauere Angaben habe ich leider nicht. Ich weiß nur, dass man das Hirschhornsalz im Wasser auflöst. Und darauf eine Schokoladendecke . So kenne ich ihn aus meiner Kindheit.
LG Corinne
Liebe Kathrin,
auch ich bin begeistert von so alten Rezepten. Aber so richtig schön sind sie ja nur, wenn man sie nachbäckt. Deshalb hier mein Versuch einer modernen Fassung:
250 g Butter schaumig rühren 500 g Zucker unterrühren – 4 Eier und etwas Zimt nach und nach unterrürhen – etwas Hirschhornsalz (kann durch Backpulver ersetzt werden) und 750 g Mehl unterkneten. Den Teig für ein paar Stunden kalt stellen. Ausrollen (messerrückendick) und runde Plätzchen ausstechen. Oder runde Kugeln formen. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und mit verrührtem Eigelb bestreichen – in Hagelzucker tauchen und bei 180 ° C (Umluft) goldgelb backen.
Es grüßt aus dem Süden der Republik
Martin
Lieber Martin, herzlichen Dank für das Rezept! Hört sich erst einmal nach Rührkuchen an, ist dann aber wohl ein gerührter Mürbteig (der ja auch nicht mehr so oft gemacht wird, habe ich das Gefühl). Wie heißen die Plätzchen denn? Klingen jedenfalls lecker 🙂
Meine Oma hat mir kürzlich ihr altes Koch- und Backbuch geschenkt. Es wurde 1919 gedruckt und strotz nur so von solchen Formulierungen. Da wird der Rührteig für den Marmorkuchen schon mal eine gute Dreiviertelstunde lang gerührt (fehlt nur noch der Zusatz: „…oder bis der Arm abfällt“, wenn du mich fragst). Echt lustig, wenn man Jahrzehnte später so etwas in die Hände bekommt und sich vorstellt, wie rasch und einfach solche Dinge in heutiger Zeit funktionieren. In einer Welt voller Rühr- und Knetmaschinen und Backofen, die automatisch und zur richtigen Zeit beschwaden, damit das Gebäck nicht nur genug Backhitze, sondern auch Feuchtigkeit abbekommt, kann man sich doch kaum mehr vorstellen, welch immenser Aufwand es gewesen sein muss, damals einen Kuchen zu backen.
♥sabrina
Alleine auch was Backpulver für ein Fortschritt ist!
Das ist ja total schön, dass dir deine Oma so ein altes Buch geschenkt hat :-). Denn neben witzigen und schier unglaublichen Anweisungen ist doch immer auch viel Interessantes und Informatives in solchen Büchern – zum Beispiel, wie man was ohne Chemie schön hinbekommt.
Liebe Grüße!
Liebe Glücksbäckerei,
Ich kann Dich beruhigen, Du bist nicht die einzige, der an solchen Rezepten und vergilbten Zettelchen gefallen findet 🙂 Ich liebe sie…..
Ich hab leider nur vier solcher überlieferten und leider nicht handgeschrieben Rezepte, hüte diese aber wie einen Schatz: Tante Ernas Apfelkuchen, Quarktorte Brunhilde, Großen Hans und einen Mohnkuchen nach einem Rezept von Tante Gisela.
LG aus Hamburg Gabriele aus Bohnis Hexenküche